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les collections aristophil

Unmaß von Phantastik außerhalb des Tollhauses durchzuhalten. Wie

könnte uns Vernunft und Ehre sonst erlauben, Raumgenossen dieser

Zeitgenossen zu sein? Wie könnten wir seit vier Jahren in dieser

Hyänenluft den Lebensmut auäringen, uns um das tägliche Brot zu

quälen? Nun war’s ein Augenblick, zu glauben, die Menschheit hätte

die Prüfung bestanden und sei reif zur Reue. Nicht mehr werde es

künftig die ingeniöse Phantasiearmut vermögen, uns in diese Delirien

zu treiben. Der menschheitswidrige Gedanke, der den Lebenszweck

dem Lebensmittel und also dem Todesmittel unterstellt hat, liege in

den letzten Zügen. Nicht fortsetzbar sei der Zustand, daß nicht nur

einer Klasse von Buntgekleideten Gewalt über die Farblosen gegeben

ist, sondern daß alle auf einmal durch ein Zauberwort bunt werden

können, alle über alle Macht gewinnen, alle vor allen Ehre gewinnen,

alle gezwungen sind, einander zu grüßen und allerhand Hochachtung

vor einander zu haben. Ich, der ich vor der Gesellschaft um so

weniger Hochachtung habe, je mehr sie in ihrem eigenen Ansehen

steigt, der sie im Gegenteil erst dann auf das tiefste mißachtet, sobald

sie ihre abgelebten Machtvorstellungen mit ihrer frischen Raubgier

verbündet, sich selbst zu wechselseitiger Bewucherung mobilisiert

und einen Jargon aus Fibel und Börse nachbetet, wenns die gute

Sache der allgemeinen Peinigung gilt — ich muß bekennen, daß ich

an den Entschluß zur Einkehr, an den Ernst der Erkenntnis, daß die

Zukunft des Geschlechts bei Kant besser als bei Krupp aufgehoben

sei, ernsthaft geglaubt habe »... Etc.

von dem furchtbarsten Erdenfluche, unter dem sie je seit ErschaÀung

ihren Nacken gebeugt hielt, durch ein Machtwort über sich selbst,

also durch den Aufstand der Menschenwürde zu befreien, vom

Militarismus nicht als einer wirtschaftlichen Last allein, sondern von

dem Alpdruck der militaristischen Lebensanschauung, und nicht

mehr jener, die einst als das Vorrecht eines Berufs das Leben auf die

Spitze eines Säbels gestellt hat, sondern der Geistesrichtung, die das

Leben unter dem Verhängnis tödlicher Zufallswirkungen und einer

meuchelmörderischen Technik zum Ersatz für Menschenrechte und

zur Sicherung merkantiler Interessen gefangen hält. Der Staat schien

plötzlich der Menschheit Recht zu geben in ihrem bis dahin straäaren

Verlangen nach Selbstbefreiung aus der schmachvollsten Knechtschaft,

in die ihr Erwerbsgeist die schuldige und unschuldige Kreatur gejagt

hat, als ein organisiertes Schicksal über allem Lebendigen, Männern

und Müttern, Säuglingen und Tieren, immer die würgende Faust

zwischen die Sonne und dieses kurze Menschendasein gereckt. Daß

diese Teufelsmacht es verstanden hatte, die Träger des staatlichen

Machtideals herumzukriegen, sich gar die alte Glorie für ihre schmutzige

Neuerung auszuleihen und schließlich durch den Tod der Menschheit

zum hohnlachenden Triumph des Wuchers über den wehrlosen

Schlachtensieg zu führen — dies ungeheuerste Erlebnis behält durch

alle Wirklichkeit hindurch die närrische Gestaltung eines Fiebertraums,

und die unter uns nicht stehlen, sondern nur fühlen, müssen in

einem narkotischen Zustand die Zeit durchschreiten, um dieses